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03. Dezember 2023

Als der Teufel also den Mond in die Tasche gesteckt hatte, wurde es in der ganzen Welt plötzlich so finster, daß nicht jeder den Weg zur Schenke, geschweige denn zum Küster gefunden hätte. Die Hexe, die sich plötzlich im Dunkeln sah, schrie auf. Der Teufel tänzelte auf sie zu, faßte sie unterm Arm und begann ihr dasselbe ins Ohr zu flüstern, was man den Weibern gewöhnlich zuzuflüstern pflegt. Wunderlich ist es in unserer Welt eingerichtet! Alles, was da lebt, ist bemüht, einander alles abzugucken und sich gegenseitig nachzuäffen. Einst pflegten in Mirgorod nur der Richter und der Stadthauptmann im Winter mit Tuch überzogene Pelze zu tragen, während die niedere Beamtenschaft ungedeckte Nacktpelze trug; jetzt haben sich sogar der Assessor und der Unterrendant neue Pelze aus bestem Lammfell mit Tuchüberzug geleistet. Der Kanzlist und der Gemeindeschreiber hatten sich vor zwei Jahren blauen Baumwollstoff zu sechzig Kopeken den Arschin gekauft. Der Kirchendiener hat sich für den Sommer eine Pluderhose aus Nanking und eine Weste aus gestreiftem Kammgarn machen lassen. Mit einem Worte, alles will nach was aussehen! Wann werden die Menschen einmal aufhören, den Nichtigkeiten dieser Welt nachzugehen! Ich wette, es wird vielen merkwürdig vorkommen, daß der Teufel die gleichen Wege geht. Das Ärgerlichste aber ist, daß er sich wohl für einen schönen Mann hält, während man sich schämen muß, seine Fratze auch nur anzusehen. Er hat eine hundsgemeine Fratze, wie Foma Grigorjewitsch zu sagen pflegt, und doch versucht auch er, einer Hexe den Hof zu machen! Aber am Himmel und unter dem Himmel war es so finster geworden, daß man gar nichts sehen konnte, was zwischen den beiden sich weiter abspielte.

»Du bist also noch nicht beim Küster in seinem neuen Hause gewesen, Gevatter?« fragte der Kosak Tschub, aus seinem Hause tretend, einen langen Bauern in kurzem Schafspelz und mit einem dichten Bart, der davon zeugte, daß ihn das gebrochene Sensenstück, mit dem sich die Bauern in Ermangelung eines Rasiermessers zu rasieren pflegen, seit mehr als zwei Wochen nicht berührt hatte. »Dort wird es einen schönen Schmaus geben!« fuhr Tschub schmunzelnd fort. »Daß wir nur nicht zu spät kommen!«

Bei diesen Worten rückte Tschub den Gürtel zurecht, der seinen Pelz fest umspannte, drückte sich die Mütze tiefer ins Gesicht, nahm die Peitsche, den Schrecken und die Furcht aller zudringlichen Hunde, blickte aber nach oben und hielt inne . . . »Zum Teufel! Schau! . . . Schau, Panas! . . .«

»Was?« fragte der Gevatter und hob ebenfalls seinen Kopf.

»Du fragst noch? Der Mond ist weg!«

»Verdammt! Der Mond ist wirklich weg.«

»Das ist es eben, daß er weg ist!« sagte Tschub etwas ärgerlich über die unerschütterliche Gleichgültigkeit des Gevatters. »Du kümmerst dich wohl nicht darum.«

»Was soll ich denn machen?«

»Mußte sich da ein Teufel einmischen der Hund soll nicht erleben, am Morgen ein Glas Schnaps zu trinken! . . . Es ist wie ein Spott! . . . Als ich noch in der Stube saß, sah ich eigens zum Fenster hinaus: eine wunderbare Nacht! Ganz hell war es, der Schnee glänzte im Mondlichte, und alles war so klar zu sehen wie bei Tage. Kaum bin ich aber aus der Stube getreten, so ist es so finster geworden, daß man die Hand vor den Augen nicht sieht!« – Mag er sich alle Zähne an einem harten Buchweizenkuchen ausbrechen! –

Tschub brummte und fluchte noch lange, überlegte sich aber zugleich, wozu er sich entschließen solle. Gar zu gern hätte er beim Küster über allerlei Unsinn geschwatzt; der Amtmann, der zugereiste Baß und der Teerbrenner Mikita, der alle zwei Wochen zum Markt nach Poltawa fuhr und solche Witze zu machen pflegte, daß die Bürger sich den Bauch vor Lachen hielten, waren schon sicher da. Tschub sah schon in Gedanken den süßen Fruchtschnaps auf dem Tische stehen. Das alles war allerdings verlockend; aber die Dunkelheit der Nacht weckte in ihm die Faulheit, die alle Kosaken so lieben. Wie schön wäre es jetzt, mit eingezogenen Beinen auf dem Ofen zu liegen, ruhig die Pfeife zu rauchen und im süßen Schlummer die Lieder lustiger Burschen und Mädchen zuhören, die sich in Scharen vor den Fenstern drängen! Er hätte sich ohne Zweifel für das letztere entschieden, wenn er allein gewesen wäre; aber zu zweit war es nicht so langweilig und schrecklich, durch die finstere Nacht zu gehen; auch wollte er nicht vor den anderen faul und feige erscheinen. Als er mit dem Schimpfen fertig war, wandte er sich wieder an den Gevatter.

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