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01. Dezember 2023

Es geht wieder los!

Heute startet die Ausgabe 2023 meines digitalen Adventskalenders. Da die diesjährige Geschichte etwas ungewöhnlich und nicht so bekannt ist, möchte ich Euch erst einmal eine kleine Einführung geben. Und wer könnte dies besser als der Autor selbst? Bevor Ihr also mit dem Lesen der diesjährigen Geschichte anfangt, schaut Euch am besten zuerst das folgende kurze Video an:

Die Nacht vor Weihnachten

Der letzte Tag vor Weihnachten war zu Ende. Eine klare Winternacht brach an; die Sterne erstrahlten am Himmel; der Mond erhob sich majestätisch, um den guten Menschen und der ganzen Welt zu leuchten, damit jeder recht lustig die Koljadalieder1) singe und den Heiland preise.

Der Frost hatte seit dem Morgen zugenommen; dafür war es aber so still, dass man das Knirschen des gefrorenen Schnees unter den Stiefeln eine halbe Werst weit hören konnte. Noch war keine einzige Gesellschaft von Burschen unter den Fenstern erschienen; nur der Mond allein blickte verstohlen in die Stuben, als wolle er die sich putzenden Mädchen rufen, damit sie schneller auf den knirschenden Schnee hinauslaufen. Da stieg aus dem Schornstein eines Hauses eine dichte Rauchwolke empor, und zugleich mit dem Rauch fuhr eine Hexe auf einem Besenstiel in die Höhe.

Wäre um diese Zeit der Assessor von Ssorotschinzy mit einer Troika von Bürgerpferden, in seiner mit Lammfell besetzten, nach Muster der Ulanenmützen gearbeiteten Mütze, in seinem blauen, mit schwarzem Schaffell gefütterten Pelz, mit seiner teuflisch geflochtenen Peitsche, mit der er seinen Kutscher anzutreiben pflegte, vorübergefahren, so hätte er sie ganz gewiss bemerkt, denn dem Assessor von Ssorotschinzy kann keine Hexe in der Welt entgehen. Er weiß ganz genau, wie viele Ferkel das Schwein einer jeden Frau wirft, wie viel Leinwand sie in der Truhe liegen hat und welche Kleidungs- oder Wirtschaftsgegenstände der brave Mann am Sonntag in der Schenke versetzt. Aber der Assessor von Ssorotschinzy kam nicht vorbei; was gehen ihn auch fremde Angelegenheiten an: Er hat ja seinen eigenen Bezirk. Die Hexe stieg indessen so hoch hinauf, dass sie nur noch als ein kleiner schwarzer Fleck zu sehen war. Wo sich aber dieser Fleck nur zeigte, dort verschwand ein Stern nach dem anderen. Die Hexe hatte bald ihrer einen ganzen Ärmel voll. Drei oder vier funkelten noch am Himmel. Plötzlich zeigte sich an der entgegengesetzten Seite ein anderes Fleckchen; es wurde größer, nahm an Breite zu und war bald kein bloßer Fleck mehr. Ein Kurzsichtiger hätte sogar die Räder vom Kommissärswagen statt einer Brille auf die Nase setzen können, aber auch dann würde er nicht erkennen, was das war. Von vorn besehen, sah es ganz wie ein Deutscher2) aus:

Eine schmale Schnauze, die sich fortwährend bewegte und alles beschnüffelte, worauf sie stieß, lief wie bei unseren Schweinen in ein rundes Fünfkopekenstück aus; die Beine waren so dünn, dass der Amtmann von Jareskow sie schon beim ersten Sprunge im Kosakentanz gebrochen haben würde, wenn er sie hätte. Von rückwärts sah es dafür ganz wie der Gouvernementsanwalt in Uniform aus, denn es hatte hinten einen spitzen und langen Schwanz hängen, wie ihn ein moderner Uniformfrack hat; nur an dem Bocksbart unter der Schnauze, an den kleinen Hörnchen auf dem Kopfe und daran, dass es nicht weißer war als ein Schornsteinfeger, könnte man erkennen, dass es weder ein Deutscher noch der Gouvernementsanwalt, sondern einfach der Teufel war, dem nur diese letzte Nacht blieb, in der er sich auf der Welt herumtreiben und die guten Menschen zur Sünde verführen durfte. Morgen schon musste er beim ersten Glockenschlage der Frühmesse mit eingezogenem Schwanz schleunigst in sein Loch fahren.

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Moschee am Königspalast Rabat, Marokko

8 thoughts on “01. Dezember 2023

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    Menapace Wolfgang says:

    Eine tolle Stimmungsbeschreibung … das spürt man die Kälte und Dunkelheit!
    Grüße vom Sofa
    Wolfgang

    Reply
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    Johann Rothfischer says:

    Die Geschichte ist zwar etwas gruselig, aber des Bild wie immer Klasse.

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    Othmar Wiesenegger says:

    Spannend, und wie jedes Jahr toll aufbereitet!

    Reply

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