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13. Dezember 2023

Nachem Wakula durch einige Straßen gelaufen war, blieb er endlich stehen, um Atem zu holen. – Wo laufe ich denn wirklich hin? – fragte er sich. – Als wenn schon alles verloren wäre. Ich will noch ein Mittel versuchen und zum dicken Saporoger Pazjuk gehen. Man sagt, daß er alle Teufel in der Welt kennt und alles machen kann, was er will. Ich geh’ zu ihm hin, meine Seele geht doch sowieso zugrunde. –

Der Teufel, der lange unbeweglich im Sack gelegen hatte, begann bei diesen Worten vor Freude zu tanzen; aber der Schmied glaubte, daß er den Sack irgendwie selbst mit der Hand gestoßen hatte, schlug mit seiner kräftigen Faust darauf, schüttelte ihn auf den Schultern und ging zum dicken Pazjuk.

Dieser dicke Pazjuk war einst wirklich Saporoger gewesen; niemand wußte, ob man ihn aus der Ssjetsch1) vertrieben hatte oder ob er von selbst weggelaufen war. Er lebte schon seit langem, seit zehn, vielleicht auch seit fünfzehn Jahren in Dikanjka; anfangs lebte er wie ein echter Saporoger: er arbeitete nicht, schlief drei Viertel des Tages, aß wie sechs Erntearbeiter und trank auf einen Zug einen ganzen Eimer; das alles fand in ihm auch Platz, denn Pazjuk war zwar klein von Wuchs, aber von einem sehr beträchtlichen Umfang. Auch trug er so weite Pluderhosen, daß seine Beine, so große Schritte er auch machen mochte, überhaupt nicht zu sehen waren und man den Eindruck hatte, als ob ein Branntweinfaß auf der Straße daherrolle. Vielleicht hieß er nur deswegen der Dicke. Es waren kaum einige Wochen nach seiner Ankunft im Dorfe vergangen, als schon alle wußten, daß er ein Hexenmeister sei. Wenn jemand an etwas erkrankte, so ließ er gleich den Pazjuk kommen; Pazjuk brauchte nur einige Worte zu flüstern, und die Krankheit war wie weggeblasen. Es kam vor, daß einem hungrigen Edelmann eine Fischgräte im Halse stecken blieb; Pazjuk verstand ihm so geschickt mit der Faust auf den Rücken zu klopfen, daß die Gräte sofort den vorgeschriebenen Weg einschlug, ohne der adligen Kehle irgendeinen Schaden zuzufügen. In der letzten Zeit sah man ihn selten. Der Grund davon war vielleicht seine Faulheit, vielleicht auch der Umstand, daß es ihm von Jahr zu Jahr schwerer fiel, durch die Türen zu kommen. Nun mußten die Bürger, die von ihm etwas wollten, sich selbst zu ihm bemühen.

Der Schmied öffnete nicht ohne Furcht die Tür und sah Pazjuk nach türkischer Sitte mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden vor einem kleinen Fasse kauern, auf dem eine Schüssel mit Klößen stand. Diese Schüssel stand wie mit Absicht in der Höhe seines Mundes. Ohne einen Finger zu rühren, hielt er den Kopf über die Schüssel geneigt, schlürfte die Brühe und packte ab und zu mit den Zähnen einen Kloß.

– Nein –, dachte sich Wakula, – dieser ist noch fauler als Tschub: jener ißt wenigstens mit einem Löffel, aber dieser will nicht mal eine Hand heben! –

Pazjuk war wohl von seinen Klößen ganz in Anspruch genommen und schien das Eintreten des Schmiedes gar nicht bemerkt zu haben, welcher sich vor ihm schon an der Schwelle tief verbeugte.

»Ich komme zu deiner Gnaden, Pazjuk!« sagte Wakula und verbeugte sich wieder.

Der dicke Pazjuk hob den Kopf und fing wieder an, die Klöße zu verschlingen.

»Die Leute sagen, nimm es nicht übel . . .«, sagte der Schmied, sich zusammennehmend. »Ich sage das, nicht um dich irgendwie zu beleidigen – die Leute sagen, du seist ein bißchen verwandt mit dem Teufel.«

Als Wakula diese Worte gesprochen hatte, erschrak er gleich, weil er dachte, er hätte es zu geradeheraus gesagt und die derben Worte nicht genügend gemildert; er erwartete, daß Pazjuk nun das Fäßchen mit der Schüssel packen und ihm an den Kopf werfen würde; darum neigte er sich ein wenig auf die Seite und hielt sich die Hand vor, damit ihm die heiße Brühe nicht das Gesicht bespritze.

Aber Pazjuk sah ihn an und fuhr fort, die Klöße zu verschlingen.

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Berbermusik am Fuße des Hohen Atlas, Marokko

1 thought on “13. Dezember 2023

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    Johann Rothfischer says:

    Sehr farbenfroh, aber die Musik war damals nicht mein Geschmack.

    Reply

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