Die Weihnachtsgans Auguste – Teil 16/24
Von Friedrich Wolf (* 23. Dezember 1888 in Neuwied, Rheinprovinz; † 5. Oktober 1953 in Lehnitz, Kreis Oranienburg, DDR)
„Wo ist sie?“, fragte die Mutter.
Draußen im Garten hörte man jetzt wieder ein schnatterndes Schimpfen:
„Ick will min Ruh, ick will min Ruh! Lat mi in min Truh!“
„Ich habe es nicht vermocht. Oh dieser Schwanengesang!“ erklärte Vater Löwenhaupt.
Man brachte also die unbeschädigte Auguste wieder hinauf zum Peterle, das ganz glücklich seine „Gustje“ zu sich nahm und, sie streichelnd, einschlief.
Inzwischen brütete Vater Löwenhaupt, wie er dennoch seinen Willen durchsetzen könne, wenn auch auf möglichst schmerzlose Art. Er dachte nach, während er sich in bläulich graue Wolken dichten Zigarrenrauches hüllte. Plötzlich kam ihm die Erleuchtung. Am nächsten Tag mischte er der Gans Auguste in ihren Kartoffelbrei zehn gelöste Tabletten Varonal, eine Dosis, die ausreicht, einen erwachsenen Menschen in einen tödlichen Schlaf zu versetzen. Damit musste sich auch die Mutter einverstanden erklären.
Und Morgen geht es weiter….
Gut getroffen, aber ein Tannenzweig statt Maiskolben wäre weihnachtlicher gewesen