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12. Dezember 2020

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Makroaufnahme eines Schachbrett-Falters (Melanargia Galathea) auf einer Skabiosen-Flockenblume. Aufgenommen auf Wildblumenwiese in der Nähe von Dechsendorf.

Unter dem Tannenbaum – eine Dämmerstunde – Teil 12/24

Von Hans Theodor Woldsen Storm (* 14. September 1817 in Husum, Herzogtum Schleswig; † 4. Juli 1888 in Hanerau-Hademarschen)

So kam die Neujahrsnacht. Am Nachmittage hatten beide auf dem Hofe mit des Vaters Pistolen nach goldenen Eiern geschossen, die Ellen vom Weihnachtsbaum ihrer Geschwister abgeschnitten; und der Vetter hatte unter dem Händeklatschen der Kleinen zweimal das goldene Ei getroffen. Aber war’s nun, weil er am andern Tage reisen mußte, oder war’s, weil Ellen fortlief, als er sie vorhin allein in ihrem Zimmer aufgesucht hatte – es war gar nicht mehr der geduldige Vetter – er tat kurz und unwirsch und sah kaum nach ihr hin. – Das blieb den ganzen Abend so; auch als man später sich zu Tische setzte.

Ellens Mutter warf wohl einmal einen fragenden Blick auf die beiden, aber sie sagte nichts darüber. Der Kirchspielvogt hatte auf andere Dinge zu achten, er schenkte den Punsch, den er eigenhändig gebraut hatte; und als es drunten im Dorfe zwölf schlug, stimmte er das alte Neujahrslied von Johann Heinrich Voß an, das nun getreulich durch alle Verse abgesungen wurde.

Dann rief man ,Prost Neujahr!’ und schüttelte sich die Hände, und auch Ellen reichte dem Vetter ihre Hand; aber er berührte kaum ihre Fingerspitzen. – So war’s auch, da man sich bald darauf gute Nacht sagte. – Als das Mädchen droben allein in ihrem Giebelstübchen war – und nun merk auf, Paul, wie ehrlich ich erzähle! – da hatte sie keine Ruh zum Schlafen; sie setzte sich still auf die Kante ihres Bettes, ohne sich auszukleiden und ohne der klingenden Kälte in der ungeheizten Kammer zu achten. Denn es kränkte sie doch; sie hatte dem Menschen ja nichts zuleid getan. Freilich, er hatte sie gestern noch gefragt, ob sie den Hasen nicht wieder im Kohl gesehen; und sie hatte dazu den Kopf geschüttelt. – War es etwa das, und wußte er denn, daß er den Hasen schon vor drei Tagen selbst hatte mit verzehren helfen? – – Sie wollte den schönen Brief des Vetters einmal wieder lesen.

Und Morgen geht es weiter….

2 thoughts on “12. Dezember 2020

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    Johann Rothfischer says:

    Klasseaufnahme Hr.Nachbar, aber mit Nikolausbart würde es noch besser in die jetzige Zeit passen

    Reply
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    Johann Rothfischer says:

    Also vielleicht den Schmetterling mit weißen Bart ergänzen

    Reply

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