Hallo liebe Leser,
Nach dem humorvollen Einstieg in den diesjährigen Adventskalender zum 1. Advent, wird es jetzt wieder etwas “seriöser”:
Der russische Schriftsteller Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi, geboren am 9. September 1828 in Jasnaja Poljana bei Tula; gestorben am 20. November 1910 in Astapowo hat neben seinen Hauptwerken Krieg und Frieden und Anna Karenina auch kürzere Geschichten zu Papier gebracht. Eine davon möchte ich euch die nächsten Tage gerne näher bringen.
Papa Panovs besondere Weihnachten – Teil 1
Es war Heiligabend, und obwohl es noch Nachmittag war, leuchteten bereits die Lichter in den Geschäften und Häusern des kleinen russischen Dorfes, denn der kurze Wintertag war fast vorbei. In den Häusern huschten aufgeregte Kinder herum und aus geschlossenen Fensterläden drang nur noch gedämpftes Klappern und Lachen heraus.
Der alte Papa Panov, der Dorfschuhmacher, trat vor seinen Laden, um sich noch einmal umzusehen. Die Geräusche der Freude, die hellen Lichter und die schwachen, aber köstlichen Gerüche der Weihnachtsküche erinnerten ihn an vergangene Weihnachtszeiten, als seine Frau noch am Leben war und seine eigenen Kinder klein. Jetzt waren sie fort. Sein sonst so fröhliches Gesicht, mit den kleinen Lachfalten, sah traurig aus.
Aber er ging mit festem Schritt zurück ins Haus, schloss Fensterläden zu und stellte eine Kanne Kaffee zum Heizen auf den Holzkohleofen. Dann, mit einem Seufzer, ließ er sich in seinem großen Sessel nieder.
Papa Panov las nicht oft, aber heute Abend zog er die große alte Familienbibel hervor und las langsam und mit seinem Zeigefinger die Zeilen nachfahrend die Weihnachtsgeschichte.
Er las, wie Maria und Josef, müde von ihrer Reise nach Bethlehem, im Gasthaus keinen Platz fanden, so dass Marias kleines Baby im Kuhstall geboren wurde.
“Oh je, oh je, oh je!” rief Papa Panov, “wenn sie nur hierhergekommen wären! Ich hätte ihnen mein Bett gegeben und ich hätte das Baby mit meiner Patchwork-Decke zudecken können, um es warm zu halten.”