
Unter dem Tannenbaum – eine Dämmerstunde – Teil 16/24
Von Hans Theodor Woldsen Storm (* 14. September 1817 in Husum, Herzogtum Schleswig; †4. Juli 1888 in Hanerau-Hademarschen)
Aber«, fuhr der Amtsrichter mit veränderter Stimme fort, »ich sagte dem Knecht Ruprecht:
Der Junge ist von Herzen gut,
Hat nur mitunter was trotzigen Mut!«
»Ich weiß, ich weiß!« rief Harro triumphierend; und den Finger emporhebend, und mit listigem Ausdruck setzte er hinzu: »Dann kam so etwas!«
»Was dich in großes Geschrei brachte; denn Knecht Ruprecht schwang seine Rute und sprach:
Heißt es bei euch denn nicht mitunter:
Nieder den Kopf und die Hosen herunter?«
»O«, sagte Harro, »ich fürchtete mich nicht; ich war nur zornig auf den Onkel!«
Über der Stadt, die sie jetzt fast erreicht hatten, stand nur noch ein fahler Schein am Himmel. Es dunkelte schon; aber es begann zu schneien; leise und emsig fielen die Flocken und der Weg schimmerte schon weiß zu ihren Füßen.
Vater und Sohn waren eine Weile schweigend nebeneinander hergegangen. – »Am Abend darauf«, hub der Amtsrichter wieder an, »brannte der letzte Weihnachtsbaum, den du gehabt hast. Es war damals eine bewegte Zeit; sogar das Zuckerwerk zwischen den Tannenzweigen war kriegerisch geworden: unsere ganze Armee, Soldaten zu Pferde und zu Fuß! – Von alledem ist nun nichts mehr übrig!« setzte er leiser und wie mit sich selbst redend hinzu.
Ein bischen überblitzt, aber auch nicht schlecht